Amon Tobin

SMELL THE BREAK, BABY!

Wann genau ist Amon Tobin eigentlich der Durchbruch ins Bewusstsein der MusikhörerInnen gelungen? Doch wohl kaum durch seine ersten Releases auf Ninebar, die kein Schwein wirklich registrierte, ausser mal wieder Ninja Tunes, die sich den in Brighton lebenden gebürtigen Brasilianer schnappten und postwendend in die family einschweissten. Es folgte der 97er Klassiker „Bricolage“ und dann das 98er abgedunkelte Samplemeisterwerk „Permutation“. Während sich hierzulande die Gemeinde an Postrotz, authentischem Dumm & Bös und Indiesachverwaltertum die Hufen abwetzte, wurde Amon in den USA zu sowas wie einem heimlichen Underground-Superstar. Die renommierte Musik-Store-Kette „Other Music“ registrierte „Permutation“ als bestverkauftes Album des Jahres, und Amon hängte mit diesem in den USA unglaublich erfolgreichem Album vermeintliche Konsenskuschler wie Björk, Massive Attack oder Air locker ab. Und hier? Amon winkt lässig ab. Der superbescheidene Sympath mit dem unglaublichem Samplegespür weiss, dass er immer noch hochgelobter Spezialistentip ist, aber stört das einen Weltenbummler wie ihn? „Die USA waren wirklich sehr gut, die haben eben auch eine derart grosse Jazz- und HipHopkultur, wogegen Australien seeeehr Rock ist, sehr weiss…aber Neuseeland und Südafrika waren unglaublich.“ Die musikalische Weltkarte eines Interkontinentalisten. Seine Sounds bringen ihn sehr weit rum, so dass der pausenlos und oft via Ninja Tune auf Tour reisende Amon nicht mehr zum Produzieren kam. Für „Supermodified“, den neuesten Geniestreich, nahm er sich deshalb 9 Monate Auszeit. Und das lässt sich wieder einmal hören. Weniger auf Soundhaftigkeiten und die cinematografisch wirkende Mischung von Melodien, die „Permutation“ prägten und einen modifizierten Morricone-Vergleich nicht abwegig erschienen liessen, legte er es auf dem neuen Album an, sondern auf Melodien, die wie Rythmik und Perkussion klingen sollte. „Ich machte Bässe aus Motorrad- und Tuba-Samples und Breakbeats aus Furz- und Spuckgeräuschen“, so der Meister. Lecker. Tief einatmen, das Ganze, und es geht euch garantiert gut. Selten sampelt Amon selber. Klar, mal ein TV im Hinterhof zerdeppern, aber basically kauft er unzählige Sample-Platten auf seinen weltweiten Touren. Insofern, sagt er, ist das Touren fester Bestandteil der Tracks. Jazz-Festivals, insklusive Montreaux, sind unzählige Male abgespielt worden, der Freejazz-Industrial-Crossover vollzogen, auf zu neuen Taten, wieder mehr in Richtung Jazz. Die Diskussion um „Ninja Tunes macht keinen authentischen Drum & Bass“ in UK geht ihm komplett am Arsch vorbei. Er kennt die Avancierten wie Photek und Hidden Agenda, was soll der Kinderkram. Das Konzept, aus einem bestehendem Kontext zu sampeln und die Energien neu zu binden und in seinen Kontext zu übertragen, ist geblieben. Der Akai, inzwischen zu einem 6000er geworden, steht mittlerweile im Ex-Schlafzimmer, und Amon nächtigt im Flur. „Irgendwann schläfst Du auf dem Balkon“, sage ich zu ihm. Er lacht. „Brighton ist eine kleine Stadt, aber was soll’s – ich bin sowieso die meiste Zeit unterwegs.“

(Intro)

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