DIEBE WIE SIE
Von Marcus Maida
Erinnern sie sich an den sympathischen Juwelendieb „Die Katze“, der sich in der Gestalt von Cary Grant souverän über die Dächer von Nizza schwang, bis ihn eine noch souveränere Grace Kelly für ihre persönlichen Zwecke einfing? So lässt sich auch das Treiben des musikalischen Gaunerduos „Thievery Corporation“ beschreiben. Die eleganten Trickdiebe Rob Garza und Eric Hilton aus Washington DC stibitzen sich seit 1995 ihre musikalischen Schätzchen zusammen, die zum auserlesensten und stilvollsten gehören, was die aktuelle Downbeatszene derzeit zu bieten hat. Obwohl sie selbst auch Musikinstrumente beherrschen, ist der Sampler ihr ganz persönlicher Tresor, in den sie gelassen und genüsslich alles hineinstecken, was glänzt – Jazz-Rubine, Soul-Saphire, Dub-Diamanten, basslastige Funk-Perlen und musikalisches Geschmeide in Form von brasilianischer Rythmik und asiatisch-orientalischen Tonspezereien. Das gerade erschienene Album „The Mirror Conspiracy“ kann als schillernde und aussagekräftige Zeugin vor jedes internationale Hörgericht gerufen werden und die Meisterdiebe entlasten, denn ihre musikalische Vision ist noch kompakter, runder, reifer und in gewissem Sinne auch leichter geworden.
„Das Album klingt wie eine Weltreise“, gesteht Mr. Garza in der Vernehmung bereitwilig ein, „denn wir haben jede Menge Souvenirs aus unserer enormen Plattensammlung mitgebracht.“ Titel wie „La Monde“, „Indra“, „Air Batacuda“ oder „The Hongkong Triad“ legen beredet Zeugnis davon ab, und die Stimmen der drei Gastsängerinnen lockern das instrumentelle Feingewebe der Platte mit suberben Bossa-Songs wie „So Com Voce“ noch mehr auf. Das Studio dieser zwei charmanten Taschenspieler ist keine vier Blocks vom Weißen Haus entfernt, im gleichen Gebäude befindet sich ihr angesagter Club „Eighteenth Street Lounge“, wie auch ihr gleichnamiges Label – diese ehrenwerte Gesellschaft hat ihre Geschäfte fest im Griff. Beide arbeiteten früher in Jobs mit festem Dress-Code, Sampledieb Garza sogar als Privatdetektiv in einer Anti-Terror-Firma für die Luftfahrt. „Nach der Arbeit kamen wir mit den Anzügen in das Studio oder den Club, das war ganz normal.“ Heute sind sie ihr Markenzeichen. „Gute Musik ist gut“, sagt Rob kategorisch und richtet sich seine Krawatte, „von gut angezogenen Menschen aber ist sie noch besser.“
(Vogue)