Riou

MINIMAL MUSIC FROM A MAXIMAL NATION

Minimal Music from a Maximal Nation. Der Japaner Riou Tomita stellt die Frage nach Techno-Minimalismus neu. Dead end oder channel? Sein letztes Album auf KK ‚Cone of confusion‘ zeigt eine ungewohnt manische & gleichsam konzentrierte Minimalisierung ohne Effekthascherei & epischem Bruch mit der Brechstange. Man spürt keine Konstruiertheit in Rious Musik, stattdessen eine organische Engführung, die weiterführt. Keine kristalline, von Organik & Chaos abstrahierte gewollte Klarheit, aber auch keine psychotische Beklemmung & Depressivität, sondern ein Kanal, in den Energien kathartisch (ab)geleitet & unter konstanter latenter Spannung gehalten werden. Gerade wo sich Gedanken aufdrängen, abstract Minimalism ist ein artifizieller Kanal, eine selbstkonstruierte Sackgasse – zeigt Riou, dass man durchstossen muss. Um weiterzukommen. Ansonsten wird Minimalismus zu einer eigenen Art von Trance. Abstraktion, was will sie überhaupt, wo will sie hin, das sind Fragen, die sich Minimal-Producer stellen sollten. Ansonsten fährt mensch Dauerrunden on formalism drive. Der noch sehr junge Riou lebt in Japans zweitgrösster Stadt Osaka, ca. 16 Mio Einwohner. Ziemlich eng. Er produziert seit 2 Jahren, hörsozialisiert durch House & auch early Breakbeats. Seine neue ‚Headroom‘ EP auf KK zeigt diese Einflüsse deutlich, hier tut sich eine völlig neue Transformation seines minimalistischen Stils auf, der wie logisch in House & Breakbeat überführt wird. Techno ist für ihn eher neutral, kalt, metallisch & gefühllos, House dagegen eher warm, melodisch & RUND. Er interessiert sich neuerlich für eine Kombination dieser Parameter, um weiterzukommen. Also erstmal wieder zurück zu House. Natürlich mag er Panasonic & diversen Mille Plateaux-Stuff, aber auch & vor allem Aphex Twin & Squarepusher. Ihre Musik ist nicht prätentiös, sie spielen einfach in ihrem Studio, & die Ergebnisse sind dann durch diese Feinheit & Präzision geprägt, die er so sehr schätzt. Sein Liveset in den Kölner Clouthwerken ist hingegen geprägt durch eine geballte konzentrierte Kraft: Body Blasting Shit, extrem old schoolig. Reflektion über die eigene Ausdrucksform scheint bei Rious Arbeit keine wesentliche Antriebsfeder zu sein: er verhält sich neutral zu den Zuschreibungen, die man seiner Musik macht. Sein Minimalismus sei keine Absicht oder Taktik, sondern ein sehr natürlicher Ausdruck seiner Vorlieben, a natural combination. Politische Zuschreibungen oder Soundsubversionsstrategien von Minimalismus lehnt er ebenfalls ab: Music is just for the sounds, for the music & not to change things. Es ist sein way of life. Er mag einfache Kleidung & keine Extravaganzen, & er wirkt ruhig, superruhig. Absolut nicht wie ein Mensch, der unter einer Spannung eigener Extreme steht. Aber natürlich schätzt er Merzbows Musik, die ja auch Spannung & Extremes verarbeitet & Aggression ästhetisch sublimiert. Damit hat sein Ausdruck auch viel zu tun: „I’m opening the pressure with my music.“ Die japanische Gesellschaft schränkt die Freiheit des Einzelnen strukturell extrem ein: Erziehung, Schule, Corporate dungeon. Money. You gotta have a job. Das Leben ist sehr teuer in Japan, vor allem in Osaka. Noch lebt er bei seinen Eltern, das ist normal dort. Zurzeit studiert & lehrt er privat Mathematik, ab Mai wird er als Systemingenieur für Computernetzwerke einer Corporate beitreten. Er mag Computer sehr, das ist der Grund. Noch hat er keine Ahnung von ihnen, er produzierte bislang durch Sampling & analoges Minimalequipment. Kann er sich vorstellen, dass sich sein Stil ändert, wenn er in einer Corporate arbeitet? Nur insofern, dass er via Computersequentialisierung exakter & präziser seine musikalischen Vorstellungen gestalten kann. Bist du ein Perfektionist, Riou? „Ja. Definitiv.“

(Seven)

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