Victoria Beckham

MEHR GLAMOUR IN DIE POPINDUSTRIE.

Sie kann nicht wirklich verlieren. Auch in der grösstmöglichen Dezenz und sympathischen Kühle verrät irgendeine Handlung, und sei es nur ein einziger Augenblick, das Feuer, das in ihr brennt. Und Stil bahnt sich immer einen Weg durch das Dickicht der Neider und Bewunderer. Sie war die Lady der Spice Girls, Aristokratin von eigenen Gnaden, sie war Noblesse und Sexyness in persona, und die ungekrönte Prinzessin Posh Spice in jener britischen Girl-Gang, die vor wenigen Jahren noch die Popmusikwelt und die Charts der ganzen Welt nachhaltig aufmischte. Legendär ihr augenzwinkernder Ausspruch: „Ich habe nur vier Freunde auf dieser Welt, sie heissen Gucci, Armani, Bulgari und Cartier.“ Schon früh erkannte Victoria Adams, dass zum unbändig starkem Willen ein offensives Stilbewusstsein und gute Manieren zum Erfolg unausweichlich dazugehören. Sie verkörpert das Bild einer selbstbewussten Geschäftsfrau mit romantischer Ader, die ihre Ziele mit einer sehr eigenen Mischung aus nobler Zurückhaltung und herausfordernder Chuzpe anging. Ihr elegantes Auftreten prädestinierte sie zu einem gesellschaftlichen Aufstieg jenseits der blossen Pop-Kategorie. Nach der Trennung des Fünfers multiplizierte Victoria Adams ihre Popularität durch die Heirat mit David Beckham, der als der vielleicht beste britische Fussballer und, nebenbei, als frenetisch verehrte Homosexuellen-Ikone gilt. Das Paar geriet schnell in die Tagesschlagzeilen: ob Davids Autofimmel – der Beckhamsche Haushalt verfügt neben dem Ferrari, den Victoria ihm schenkte, noch über fünf weitere, teilweise exklusiv ausgestattete Fahrzeuge –, die gemeinsame Vorliebe für Edelsteine – mitunter trägt David mehr Diamanten als Victoria –, oder die Verstimmung von Manchesters Erfolgs-Trainer Sir Alex Ferguson über Beckhamsche Familienkapriziösitäten: ein Leben ohne Schlagzeilen und Glamour schien undenkbar. Neid und Anschuldigungen, die bis zu Morddrohungen wahrscheinlich wildgewordener Fussballfans an Mrs. Beckham reichten, komplettierten das Bild eines populären Paares, das sich im Kreuzfeuer der Öffentlichkeit bewegt. Mit einem geschätztem Vermögen von 25,5 Millionen Pfund steht Victoria Beckham mittlerweile an der Spitze der reichsten Pop-Millionäre unter 30. Sie wurde zur Mode-Ikone Nr. 1 in Grossbritannien, und ihr Stil beeinflusste das Kaufverhalten der modernen jungen Britinnen nachhaltig. Wenn Prinzessinen Mütter werden, beginnt für die Öffentlichkeit oft der Abspann. Nicht so bei Mrs. Beckham, die ihre kleine Familie abgöttisch liebt und ihr Söhnchen sowohl mit tätschelnder als auch mit harter Hand erzieht, doch als letztes Ex-Spice-Girl ohne Soloalbum noch eine Bringschuld offen hatte, die sie nun endlich beglichen hat. Ihr Debut zeugt von einer Vorliebe für luxuriösen Glam-Soul, der zwischen den Polen von elegantem R&B und naivem Pop changiert.

Es beginnt mit der Single „Not Such An Innocent Girl“, einer poppigen Uptempo-Nummer, die zwischen nobler Verträumtheit und herausfordernder Energie die typischen Pole der Beckham oszillieren lässt. Im dazugehörigen Video von Jake Nava zeigt sich dementsprechend eine „gute“ und eine „böse“ Victoria. Die übrigen Songs liegen fast durchweg im Midtempo-Bereich oder darunter: wenn es nicht die sehr weichen Soul-Balladen mit smarten, manchmal fast subsonischen, aber letztlich sehr eindringlichen Basslines sind, hören wir sehr zurückhaltend federnden Swingbeat, in dem Themen wie Frauenfreundschaft, der Umgang mit eigenen Charakterimages und natürlich mit dem Partner thematisiert werden. Und in einem Stück wie „Midnight Fantasy“ mit seiner naiven catchy Kindermelodie wird die Lady auch mal zur Disney-Prinzessin. Doch sonst ist der Wille zum Erwachsenen-Soul überall spürbar. Die sehr clever und mit den neuesten Produktionsstandards und -tricks arrangierten Songs haben keinerlei Kanten und wurden von einer internationalen Produzenten-Creme für und mit Mrs. Beckham handgeschnitzt und rundgeschliffen. Steve Kipner, verantwortlich für die Hits von Christina Aguilera, das Duo Soulshock und Karlin, das bereits Whitney Houston veredelte, oder Rhett Lawrence, der für Mrs. Mariah Carey die Knöpfe drehte, sind die erlesenen Studiomogule für das, was Victoria Beckham „american pop“ nennt. In London plaudert sie bestimmt, aber auch erwartungsvoll und noch etwas verunsichert über ihr lang erwartetes Solo-Album:

„Ich liebe nun einmal Glamour, und ich möchte mehr davon in die Popindustrie zurückbringen. Aber ich habe zwei Jahre Arbeit und wirklich meine Seele in dieses Album gelegt. Und um ehrlich zu sein, hatte ich am Anfang überhaupt nicht das Selbstbewustsein, es zu tun – es war David, der mir letztlich den Mut dazu gegeben hat“, stapelt Mrs. Beckham bewusst tief. „Wir sind Seelenverwandte.“

Und trotzdem dauerte es so unglaublich lange?

„Ich bin eine derartige Perfektionistin! Kein Kontrollfreak, keine Sorge, aber ich musste so viel mit der Platte beweisen. Die Leute lehnten sich zurück, und ich musste hart arbeiten. Doch das war besser so, und ich habe wirklich geplant, was ich tue.“

Von Girl-Power zu Woman-Power?

„Letzten Endes ist es genau das.“

Und – waren die Zeiten mit den Spice-Girls aufregender?

„Ich fühle mich, als ob ich erwachsen geworden wäre, denn ich bekam über die Zeit eine sehr klare Vision von dem, was ich erreichen wollte. Also setzte ich mich hin und plante wirklich alles durch. Und das Ergebnis ist eben nicht Posh-Spice solo, sondern Victoria Beckham.“

Was ist Ihre grundlegende Definition von Stil?

„Die Fähigkeit, High-Street-Mode mit Designermode zu mischen. Ich mag eben beides, und ich mixe es.“

Werden sie jemals wieder modeln, wie sie es für ihre Freundin, die Designerin Maria Grachvogel, getan haben? „

Oh nein, das war nur ein Gefallen. Aus Spass.“

Schade eigentlich.

„Nun, ich liebe meine Kleidung. Dolce und Gabbana designten die Outfits für das Video zu „Not such an innocent girl“. Ich liebe Mode, aber sie muss zu mir passen. Ich mag es nicht, wenn sich Leute schrill kleiden, nur um modisch zu sein, und es sieht absolut furchtbar an ihnen aus. Das ist schockierend, aber im falschen Sinne (lacht).“

Gibt es etwas wichtigeres für Sie als Luxus?

„(Zögert keine Sekunde) Liebe. Definitiv.“

Sie sind ihr Shopaholic-Image leid?

„Ja, das kann frustrierend sein. Aber auch deshalb die Platte: die Texte sagen etwas anderes.“

(Vogue)

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