Die Goldenen Zitronen – From A to B and back again

Wie oft willst du dich eigentlich noch neuerfinden, bis du herausfindest, aus welchen Teilen und Erfahrungen du bestehst? Und diesen Fundus an Erfahrungen, das Archiv deiner Aktivitäten und Erinnerungen zigtausendmal durchblättern, samplen, remixen, neueditieren – solltest du das nicht 1fach mal registrieren, akzeptieren, ignorieren – und dann 1fach kompliziert loslegen?

Die Goldenen Zitronen sind mittlerweile – jetzt kommt der Ausdruck des Tages: – in einem Alter, in dem sie sich nicht ständig konzeptuelle Neuüberlegungen auferlegen und antun müssen, um zu beweisen, wie „zeitgemäss“ und „forward“ sie sind. Vielmehr zeigt sich in Zusammensetzung und Arbeitsweise dieser Band mittlerweile eine funktionierende wie überraschende Mischung aus gewohnt hellwacher Aufmerksamkeit und einem durch diverse kulturpolitische Vorgänge geschultem Gespür für gewisse gesellschaftliche Zusammenhänge, zudem eine notwendige Gelassenheit im Umgang mit medialen Hyperrealitäten und den flauschigweichen Versprechungen des kulturellen wie politischen Polystilismus. Das kann schon mal zu bewussten Verlangsamungen und bisweilen stursinnig anmutenden, da notwendigen Umdefinitionen von subkulturellen Konsensen führen. Dafür basteln sich die Goldies dann ihren Konsensemann und schicken ihn auf uns los. Und immer wieder müssen deshalb welche in ihr Gras beissen, wie zb. die Handvoll Spacken, die beim Zitronenkonzert im „Unique“-Club wahrscheinlich diesen herrlichen Ankündigungstext aus dem doch etwas anderem kostenlosem Kollegenblatt „you+me“ im Kopf hatten: „Die goldenen Zitronen gelten durch ihre makaber-witzigen Texte neben den Ärzten und den Hosen zu den Fun-Punk-Bands schlechthin“. Ich hatte ganz vergessen, dass es das noch gibt“, so Ted Gaier, „aber natürlich gibt’s das noch.“ Fun-Punk-Vergangenheit verschwinde, oder nee, bleib besser, dann können wir dir kollektiv die Hosen runterziehen (Wir sind ja schliesslich im Wald hier). Unglaublich, dass 2001 so etwas im Zitronenkontext überhaupt noch passiert, aber ok, jede Situation muss halt jedesmal neu gebootet werden.

Zur Vorgeschichte: das „Unique“ füllte sich langsam aber sicher, und die stehenden Massen mussten lange auf einen Auftritt warten. Als dann schliesslich Suzan Zahnd von der Schweizer Band „Eugen“, zudem noch Journalistin und Autorin, ans Mikro tritt, um das Konzert mit einer Lesung einzuleiten, wird schnell klar, dass der Kontext nicht wirklich stimmt. Die Leute sind auf Feierabend, Entertainment und Live-Musik aus, alles brabbelt durcheinander, und Konzentration ist weder für Performerin noch Publikum möglich. Leider macht sie den Fehler, das Publikum zu fragen, ob sie aufhören oder weitermachen soll – anstatt dass die Zitronen-Mixerin 1fach den Regler für ihr Mikro hochzieht, so dass Susanne mit ihrer Lesung ein Statement setzen kann. Die Dramaturgie – sic! – des Sets wird leider ziemlich vergeigt, die Leute warten im Feierabend- und Erwartungsmief, den sie selbst verbreiten, auf Showtime, und anstatt dass die Show pünktlich eine Stunde nach Einlass beginnt und Suzan zB. völlig proper und korrekt als Teil derselben angekündigt wird, so dass dem gesprochenem Wort genausoviel selbstverständlichem Respekt zukommt wie der Musik, wird alles etwas unscharf präsentiert. So ist alles viel zu vage, die Grasbeisser fordern gar, wie schön auf einem Zitronenkonzert, „Ausziehen!“, und die Sympathisierenden stöhnen verständnislos auf, als Susanne ihre Lesung irgendwann genervt abbricht. Unnötige Punk(t)verluste. „Wie viele Scheissbands hat man sich schon geben müssen“, sagt ein Freund völlig zurecht, „und die haben auch nicht danach gefragt, sondern 1fach ihre Amps hochgerissen.“ Wahrscheinlich wollte Susanne das 1fach nicht, diesem – sehr überwiegend jedoch sehr mit ihr sympathisierendem Publikum – eine Performance aufs Auge drücken, also kein „Metallica KO“, was wir doch recht cool gefunden hätten. Stattdessen: Pause, Verwirrung und Verstimmung – die Band ist angesäuert, Schorsch motzt vage ins Publikum, das Konzert beginnt schliesslich mit zwei Songs der neuen Platte „Schaffott zum Fahrstuhl“, leider ist MC Schorsch’s Stimme viel zu leise, die Gitarre dagegen schneidet überlaut, dazu kommt die leicht verkrampfte und eher humorlose Stimmung, die über die Hälfte des Konzertes bestimmt, in dem die Zitronen durch ihre Stücke und die druckvoll-energische Art der Performance sehr bald überzeugen – erst dann taut alles auf, und schliesslich will man die Zitronen, die – natürlich – eine grossartige Live-Band sind, gar nicht mehr gehen lassen. Als Zugabe gibt’s daher nochmal zwei neue Songs, alles definitiv Live-Premiere hier, auch der erste Auftritt vom neuen Bandmember Mense Reents von „Stella“. Als besagter Freund angesichts der seltsamen Anfangsszenen und den zu beobachtenen Launen, Coolheiten und Energieschüben sagt, „Hey, die sind doch 17 Jahre dabei, da kann man doch etwas professioneller oder cooler sein!“, kann es nur eine Antwort geben: die Zitronen funktionieren nicht wie jede andere normale Band! Sie funktionieren eben überhaupt nicht, und das zeichnet sie ja aus und macht sie so verdammt bemerkenswert. „In so einer Situation – neue Platte, keiner kennt die Stücke, lange nicht live gespielt“ – festhalten: seit Ende 1999 nicht! – „und wenig Zeit, die Stücke zu proben, kann man sich eben nicht so sicher und selbstverständlich hinstellen, also das war für uns grundsätzlich so“, sagt Schorsch und fügt charmant hinzu: „ansonsten glaube ich, dass das ne tolle Band ist“ – und hat natürlich recht.

Am nächsten Tag treffen wir uns im Hotel „Alt Düsseldorf“ – this is real Altstadt! – und alles ist nur noch halb so wild, allgemein wird der Auftritt im Nachhinein trotz der Missverständnisse als sehr gelungen angesehen – und überhaupt, das war gestern, und heute ist der Tag nach dem Spiel also der Tag vor dem Spiel.

SCHORSCH: „Die Band kann so lange pausieren, und trotzdem find ich die Energie noch ganz erstaunlich, man kommt sich nicht so vor wie ein alter Herr, der auf besonders jung, jugendlich oder besonders kraftvoll machen muss, das stimmt schon noch so. Wir müssen uns ja nicht wie Limp Biskuit geben, und trotzdem ist es, glaube ich, kraftvoll, genug. Und wenn die Band sich jetzt auflösen würde, würden uns nicht wenige Leute selbst in 20 Jahren noch an dem messen, was damals am stärksten in der Öffentlichkeit stand, und das war nunmal ‚Am Tag, als Thomas Anders starb‘, und die Porsche-Genscher-Platte hat mittlerweile glaub ich auch schon 100.000 verkauft, und das wird die Neue garantiert nicht. Ich mein, wir können ja froh sein, dass wir überhaupt trotzdem unseren Kreis von Leuten haben, die das hören, und das sind ja auch noch genug, aber es gibt mit Sicherheit immer noch Leute, die unsere kontinuierliche Geschichte nicht mitbekommen haben. Da kann man auch nichts gegen machen. Da hast du vollkommen recht – das kann man letztendlich nur bejahen, dass das so ist. Und das wird wahrscheinlich auch noch so weitergehen.“

TED: „Ich bin auf dem Standpunkt, da kann man noch so viel Presse haben, das ändert sich nicht. Wir können uns ja nicht beklagen, dass wir nicht genug Presse haben. Nach jeder Veröffentlichung haben wir wieder eine ganz fette Pressemappe, also wie eigentlich ne Majorband. Und trotzdem gibt’s noch Leute, die davon nichts schnallen oder nichts mitkriegen…das wirft vielleicht auch ein Licht auf die Bedeutung der Musikpresse überhaupt, möglicherweise, ich weiss nicht. Muss es ja, sonst wär’s ja nicht so.“

Dazu kommt noch: das Zitronen-Bandgefüge ist über die Jahre noch schön disparater geworden – es kracht munter im Gebälk, und diese Geräusche nehmen sie auf und machen Platten draus. Mense Reents ist seit Ende 2000 neu dabei, kennt die Zitronen schon lange aus Hamburg und hat auch schon mal mit der Kamerun-Band gespielt. Hans Platzgumer macht derzeit erstmal Zitronenpause und schuffelt an neuen Projekten rum, zB. einer neuen Platte von „Shinto“, und bereitet zudem seinen Umzug vor. „Die Idee war diesmal, die Band wirklich offenzuhalten“, so Ted. Verständlich bei einer Band, die seit 17 Jahren besteht und wo schon derart viele Leute kamen und gingen, ins Privatleben, zu anderen Musiken, oder die via Buback-Label jetzt noch mit der Band verbunden sind. Stefan Rath, Energiedrummer auch von Les Robbespierres und auch bei Lado Music in der Subkulturindustrie tätig, teilt sich zb. mit Enno Palucca, der in D’dorf die Dashtrommeln trat, die Schiessbude, halbtagsjobsmässig, wie die Band sagt – man teilt also, ganz modern, die Schlagzeugstelle auf, zumal Enno outgessourct 😉 in Nürnberg lebt, und der Rest reist von HH aus rum. Und zB. Enno weiss derzeit noch gar nicht, ob er dieses „3 Wochen mit einer Band rumreisen“ überhaupt noch haben muss. Ausserdem ist er nicht immer verfügbar. Hans im Süden und Mense im Norden können sich den Bass oder die Klampfe auch jobsharingmässig zweiteilen, das sind eben die Zitronen International. „Die Auflösung des Spezialistentums“, so Ted, „und keine Definition, wer jetzt Band ist und wer nicht, und vielleicht auch ein kleines symbolisches Statement, um klarzumachen, dass es um Kollektive geht, und nicht um Einzelkünstlertum. Vielleicht auch ein kleines statement zur letzten Blumfeld-Platte (lacht), also das genau entgegengesetzte Modell von Poetentum und einem Texter-Komponist.“ Übrigens ist Ted das Cover-Modell von „Testament der Angst“. Er wurde von Jochen Distelmeyer, mit dem er lange zusammenwohnte und mit dem er auch heute noch eng befreundet ist, gefragt, und wurde offiziell als ‚Model’ bezahlt.

Die neue Zitronen-Platte fing wie immer an: Sessions mit verschiedenen Besetzungen, da selten alle gleichzeitig da sind, Aufnahmen auf Minidisk, und mit dem Basicmaterial von sieben Stücken nach Rumänien zu Freunden gefahren, um Ruhe und eben keine Ablenkung zu haben (und keine Exotismussuche, bitteschön!). In Bukarest dann in einem der besten Tonstudio des Landes mit einem Mixer, dessen Lieblingsband „Toto“ ist (und der trotzdem sehr toll und verständnisvoll war), instrumentale Basictracks eingespielt, sehr viel und aufreibend diskutiert und herumgewurschtelt, dann ab März im Hamburger Stammstudio noch mal einen Monat aufnehmen und im Imperial-Studio von Stella / Egoexpress zusätzlich etwas dran rumtüfteln. Aufnahmetechnik zwischen Computer und Bandmaschine, eine gute Mischung, die den Zitronensound mittlerweile prägt und unter Spannung hält.

SCHORSCH: In Rumänien mussten wir aus allen unseren Richtungen kommen und konnten nicht sofort wieder loslegen, deshalb haben wir erstmal ziemlich viel geredet im Studio. Wir mussten uns erstmal wieder neu erfinden, das sind schon ganz schöne Schlachten so, die sich aber immer wieder lohnen, finde ich, da kommt schon was bei raus, aber es ist auch ungeheuer anstrengend. Unsere Stile zu beschreiben, das haben wir inzwischen aufgegeben. In der Gruppe gibt es sechs Spezialisten, mit Hans sieben, die auch alle über die Musik schreiben könnten – die kommen zu der neuen Platte und haben so ihre Vorstellungen, ich hab zum Beispiel gedacht, das müsste mal wieder mehr so Song oder eine Umsetzung von Rock sein, das war so das Gefühl – das ist es dann aber nicht geworden, damit muss man dann auch rechnen. Was wichtig ist für diese Platte im Gegensatz zur letzten ist, dass sie tatsächlich nicht mehr ganz so kühl geraten ist. Das klingt wieder nach Action, und das ist das Tolle daran…und du findest schon noch kleine Free-Parts oder Reminiszenzen, oder kleine Rock-Breaks, die so minimal sind, und wir haben es trotzdem geschafft, darüber drei Nächte zu diskutieren. Bei der letzten Platte war die Idee etwas 80er-mässig, diese Platte aber hat keine echte Direktive, die ist nicht vorhanden.

TED: Uns kam es so vor, dass wir jetzt mittlerweile sozusagen historisch sind, und diese Historizität sich da wiederfindet, auf eine ganz natürliche Art kommt uns das vor. Also zB. hatten wir immer das Gefühl, dass so Glamrock mitschwingt, also der Beat bei „Regierung stürzen“ ist so ein Suzi-Quatro-Beat, und es gibt noch so ein paar andere Sachen, das „Comeback des Tempomaten“ ist eigentlich eine Gary-Glitter-Nummer, so kams uns jedenfalls vor…aber es ist auch müssig, das so aufzufädeln, weil Journalisten mit einem jeweiligem anderen Background dann wieder was anderes finden. Aber unser Selbstgefühl war bei den meisten Sessions zum ersten Mal so ein bisschen düster, zum ersten Mal auch so wirkliche Düsternis, mit tiefer Melancholie, zB. bei „Der Mann, der mit der Luft schimpft“ (Gesang und Text von „Dackelblut“-Sänger Jens Rachhut), oder bei „Auf dem Platz der leeren Versprechungen“. Am Schluss wurde dann auch klar, dass sich das eigentlich in einem Universum mit Refernzen zu mehr oder weniger allen anderen Platten ab der ‚Fuck You‘ bewegt.

MAN KANN SICH, ENTGEGEN DEN KLISCHEES, EBEN NICHT IMMER WIEDER NEU ERFINDEN, SONDERN BAUT LOGISCHERWEISE AUF DEM AUF, WAS MAN WAR, WURDE UND IST. WIE EMPFANDEN DIE ANDEREN DEN REIN MUSIKALISCHE PROZESS (Julius Block kam leider erst später zum Gespräch dazu)?

MENSE: Der Ansatz war zum einen, wie gesagt: mehr Songhaftigkeit, und daraus wieder einen Bandkörper bilden. Ted war bei diesem Ding nicht dabei, und dann kam er nach Rumänien, und dann wurde das teilweise wieder verworfen, von wegen als eventuell rockistisch entlarvt (Gelächter, Zwischenruf „entlarvt“ ist gut!), und dann gab’s Streitereien, und Richtungswechsel, aber letztendlich finde ich die Platte schon relativ straight oder songhafter als die letzten Platten, und ich finde ganz persönlich, es klingt auch wieder mehr wie eine Band.

ENNO: Ich fands einen ganz grossen Spass, die ersten vier Tage in Hamburg, als es nur so ganz kleine Musikteile gab, und das Spielen mit den elektrischen Instrumenten hat einen Höllenspass gemacht auf einmal…ich hab mir die ganze Zeit gedacht, das wird nicht so laufen in Rumänien, das wird sicherlich ganz verdreht und verkorkst werden – war dann auch wirklich so -, aber das Grundgefühl, richtig Songs machen so mit „A – B“, war eine Qualität auch für mich, nicht wie bei den letzten Platten, rezitieren…

SCHORSCH: Am Anfang waren da wirklich nur ein paar Proberaumsessions, wo wir nur mit Fragmenten sehr improvisiert haben, was vielleicht ein bisschen düster wurde, wie Ted vorhin sagte…ich fand das schwierig. Das klang immer super, und man merkt, die Leute können das, und jeder hat da so ne Aufgabe drin und seine Kraft drin, aber ich wusste nicht, wie das zusammenkommt, und ich glaub, dieser Vorgang ist dann nochmal später dazugekommen, über einen wesentlich simpleren Weg ganz platte Songs machen, so ein richtiges Britpop-Stück zB., was total Bock gebracht hat im Proberaum, aber uns war dann klar, wir können nicht einfach so ne normale Britpop-Nummer machen, das reicht dann auch irgendwie nicht, und dieses „Wieder-Auseinandernehmen“, das kam erst später dazu. Und das kostet dann eben so die Kraft, du fängst mit was an, merkst, das ist es vielleicht nicht so ganz, aber das ist trotzdem so deine Art, zu arbeiten, und musst dich dann erst mal völlig freimachen davon, machst etwas ganz anderes, und dann zum Schluss kommst du wieder zu dem, mit dem du eigentlich überhaupt nur arbeiten kannst, und wo wir dann auch zufrieden mit sind. Schwieriger Prozess, aber da muss man schon…

MENSE: Man hat immer wieder gespielt, aber bekam es nie in eine Form. Und dann hat man versucht, sich wirklich an klassischen Songformaten zu orientieren, ganz stumpf, Strophe, Refrain, und einfach mal einen Halbton oder zwei hochzugehen, um nicht in so einem ewigen Mantra zu bleiben wie am Anfang.

EIN BEISPIEL ZU DEN INHALTEN: „FLIMMERN“?

TED: Ist natürlich die Fortsetzung, diese Linie der Deutschlandberichterstattung, die wir weitermachen, weil wir finden, es ist total falsch, damit abzubrechen, weil das einigen Bands vielleicht zu langweilig oder was geworden ist. Das sind Zeitkommentare wie schon früher „Ich esse meine Suppe nicht“ oder „80 Millionen Hooligans“. Das hier dreht sich um diesen verrückten Sommer im letzten Jahr, wo einfach alle durchgedreht sind: Lastwagenfahrer, Hundehalter…(lacht)…alles zusammengemischt, was zeigt, das es hier eigentlich keine richtige Begrifflichkeit von dem, was Rassismus ist, oder das es mittlerweile auch keine Diskussionskultur mehr gibt, die sowas leisten könnte zu klären. Oder Schily, bzw. weiss ich gar nicht, wer gerade überhaupt der Ansprechpartner wäre, von so einer offizielle Seite, darüber zu diskutieren. Wie Begriffe sich völlig auflösen…und das, was jeder beklagt: die Macht der Medien, die allgemeine Verwirrung, das von jeder Seite jeder beklagt wird, und trotzdem wird das falsche Prinzip einfach weiterbetrieben. Und dann behandelt das auch ein bisschen die eigene Ratlosigkeit im Bezug auf diesen alten Antifa-Spruch „Nazis raus“ – ich meine, wo raus denn eigentlich, wohin (lacht)? Ich hab nen Interview mit Udo Lindenberg gesehen, da meinte er (imitiert) „Nazis sollen raus aus Deutschland“. Das ist dann einfach so absurd.

ALSO GEGEN DEN AUFSTAND DER ANSTÄNDIGEN?

TED: Ich würde gar nicht ganz generell grundsätzlich gegen den Aufstand der Anständigen sagen, aber natürlich missfällt mir das autoritäre Prinzip, dieses von oben aufoktroyierte Erklärungs- und Handlungsprinzip, das nicht wirklich verankert im Bewusstsein ist. Es geht nur um „was soll die Wirtschaft und das Ausland denken“, aber das haben wir auf der Ebene schon in „Die Bürger von Rostock“ und so verhandelt. Grundsätzlich finde ich es aber nicht so einfach, bei bestimmten Projekten, die Aufklärung schaffen wollen, eine linken Automatismus anzubringen, der sagt „Ist doch eh alles verlogene Scheisse!“, ich finde das ist dann auch arrogant gegenüber Leuten wie zB. humanistischen Christen, die ja auch wirklich ein Bedürfnis haben, da zu arbeiten oder wirklich etwas zu verändern.

ALSO EIN RÜCKSPIEGEL, DASS SOLCHE POSITIONEN DISKUTIERT UND IN POLITISCHES HANDELN MITEINZUBEZOGEN WERDEN KÖNNEN, OHNE SIE VON VORNEHEREIN ALS LIBERALE SCHEISSE ZU BRANDMARKEN?

TED: Ja. Also die Linke hat auch nicht mehr wirklich das andere Modell anzubieten, würde ich sagen, und sowieso, es geht hier erstmal um humanistische Grundsachen, und nicht um einen revolutionären Sturz in eine neue Wirtschaftsform oder sonstwas, sondern es geht ganz klar um ein Minimum an humanitärer Ethik. Und da muss man auch unterscheiden zwischen denen, die solche Positionen ausgeben, denen man das natürlich, wie im Falle von Schily oder Schröder, null abnehmen kann, und denen, die dann auch, was weiss ich, in kirchlichen, gewerkschaftlichen und privaten Zusammenhängen Bewusstsein haben, sich behalten und weitergeben.

UND DESHALB LASST IHR DIE NAZIS IN DEUTSCHLAND WIE DEN DOM IN KÖLLE, DENN DA GEHÖRN SIE HIN?

SCHORSCH: Ich meine, das ist doch wirklich ne interessante Idee, wohin denn sonst damit? Ich meine, jetzt ganz im Ernst (Gelächter), das muss man sich doch mal vorstellen, nach Afrika oder was?

(Seven)

Schreibe einen Kommentar