Otomo Yoshihide

OTOMO YOSHIHIDE & SACHIKO M – FILAMENT 1

EUGENE THACKER – SKETCHES FOR BIOTECH RESEARCH (EXTREME)

Fast Stille. So gut wie. Dann ein Ton. Ein winziger spitzer weicher Tropfen aus rein klanglicher Konsistenz, der eine ganze Kettenreaktion von möglichen Zerspiegelungen einer anorganischen Aussenwelt in dem Wissen um eine besessene Idee von Reinheit, die nur Schmutz sein kann, im Hörraum triggert. Das Material hinterlässt dich ohne Trost und ohne ratifizierbares Wissen. Es geht um Erfahrung. Irgendwann, viel viel später, öffnet sich die Blüte.

Ein Störton über 4:57. Kein Groove, keine Entspannung. Keine verdammte einlullende ewige humane Funkyness. Der Ton bleibt gleich. Aber er ändert sich, wann immer Du den Kopf bewegst und mit ihm kreist. Oder im Raum herumgehst. Nicht die Ohren zuhalten. Unglaublich.

Dunkle Fraktale, nahezu subsubsonische Frequenzen, Störtöne darin. Störtöne? Chemische Geschwister. Äderchentransport, Zuckerwasserkinder, Schmerzkonkubinen. Mitten ins Zentrum einer stoischen Lust, die sanft und völlig klar und gasförmig aus den Körperöffnungen wieder austritt, als unbekannte Materie den anderen kündigt, was der Versuch wert war.

Basslayerton, geliebter geloopter, darüber helle und stoische Störtöne. Die Töne kommen und verschwinden wieder, manchmal überlagern sie sich.

1 Ton bleibt, loopt, überlagert sich, wird etwas anderes und bleibt gleichsam gleich er selbst. Welch ein Witz. Improvisierte Samples.

Inhumane Samplesequenzen, stoische Rythmik.

Maschinensequenzen.

Stille. Ein superleiser Ton. Kaum wahrnehmbar, aber da. Dann, aus dem Fast-Nichts, ab und an ein leises Knacken – nur einmal, dann wieder in der Fast-Stille des Raumes verschwunden.

Nach dem Exitus von Ground Zero brauchte Otomo Yoshihide ein Projekt, dass ein Risiko für ihn ist, dass nicht nur andere, sondern ihn selbst als Produzenten herausfordert. Mit Sachiko M ist das Projekt Filament 1 der Boden, auf dem die Herausforderung innerhalb elektronischer Prozesse materialisiert werden kann.

Eugene Thacker arbeitet bereits länger an einer Vivisektion der Schnittstelle „Körper und Technologie“. Über theoretische Schriften, Internetarbeiten, Multimedia Performances, experimenteller Fiktion und natürlich Klangdarstellungen gelingen ihm Explorationen, die in ihrer Radikalität die Verbindungen sowohl der „Technosciences“ der digitalen Anatomie und Biotechnologie, als auch die Kinästethik elektronischer Tanzmusik ins Nerv treffen. Die auf „Sketches for biotech research“ versammelten 23 Versionen beziehen ihr Grundmaterial aus Klängen und Impulsen, die bei digitalen Datentransformationen bzw. deren Fehlern aufgetreten sind. Dazu wurden extrem editierte und prozessierte Samples aus Techno und Drum & Bass-Files verwendet.

Hier ist das schwierigste Material, so gesehen natürlich, logisch, wie immer,

das Beste. Auf Extreme erscheinen tatsächlich 1999 noch die Platten, bei denen Idioten aus dem Raum gehen – super! -, Ignoranten eine hilflos knatternde Dummesprüchemaschine anwerfen oder Kannitverstans die neue Blumfeld einfordern. Was ja nicht verkehrt ist, aber das kann ja wohl nicht alles sein. Extremen Respekt an Roger Richards, dass er one before milleniums end mit der grössten Selbstverständlichkeit diese Platten herausbringt, die, wie zig tausend andere derzeitige extreme Musikproduzenten, erst in unabsehbar langer Zeit annähernd verstanden werden werden. Futurum II. temporary end of file.

(Testcard)

Schreibe einen Kommentar