Texta / Schönheitsfehler


POLITIK IM TROJANISCHEN PFERD

Von Marcus Maida

Was hinter den Alpen abgeht, verdient nicht nur in politischer Hinsicht wache Beobachtung. Neues aus Haiderland zum Zustand des österreichischen HipHop vermitteln mir Bö, Trackbastler und MC des Wiener Trios Schönheitsfehler, und Huckey, MC des befreundeten Linzer Fünfers Texta. Beide Crews gehören zur New School des Ö-Rap, obschon sie mittlerweile schon Urgesteine sind und mit als erste überhaupt anfingen zu rappen, als HipHop in Österreich noch nicht mal die Kinderschuhe anhatte. SHF begann als Crew mit explizit politischen Aussagen: „Blau (=FPÖ) macht die Ausländerhetze, Rot-Schwarz die entsprechenden Gesetze“ skandierte man schon 1993 und richtete sich gegen Homophobie, Sexismus und Nationalismus überhaupt und im HipHop im Besonderen. Der Reinerlös der Single „Tu Sam Ja“ kam 1997 dem Wiener Integrationshaus zugute, einer Hilfsstelle für Asylsuchende, die von Ostbahn-Kurti gegründet wurde. Das alles sollte man wissen, wenn man dieser Tage das neueste SHF-Album „sexdrugsandhiphop“ (Motor / Universal) hört, denn dort vermisst man den einstigen radikalen politische Anspruch möglicherweise – zu sehr nach dem üblichen HipHop-Jungs-Comic hört sich das Material der Crew, die auch schon mal völlig un-pc mit den Gitarreros von „Heinz“ Bloodhound Gang coverte, auf den ersten Hör an. Bö dazu: „a. wollen wir nicht mehr mit dem Holzhammer Politik machen, b. tatsächlich möglichst auf dem deutschen Markt Fuss fassen, denn vom Markt im kleinen Österreich kannst Du unmöglich leben und c. sind in unseren Texten nach wie vor unsere politischen Ideen vertreten, jedoch ungleich subtiler. Wer uns aber als reine Spass-Combo abtut, hat nichts verstanden. Unsere Raps haben mehrere Ebenen, und Politik ist darin wie in einem trojanischem Pferd.“

Huckey von Texta, die nach dem 97er Album „Gediegen“ und dem letztjährigen „Gegenüber“ zwei überaus wohltuend phantasievolle und herausragende Platten mit eigenwilligen philosophischen und auch politischen Raps herausbrachten, die ein hintergründiges Panorama persönlicher Erfahrungen mit ironischem Vibe, grandiosen Reimen und feinem Flow boten, erkennt das Problem ähnlich. „Wir engagieren uns gerade jetzt auch weiterhin politisch, setzen in unseren Aussagen aber eher auf eine subtile Ausdrucksweise. Das Formulieren politischer Dinge bleibt eine Schwierigkeit.“ Die Texta jedoch charmant löst (nicht umgeht!), SHF sollten sich jedoch bei aller sympathischen Haltung und einem Album, dass dem Potential der Beginner in nichts nachsteht, nicht wundern, dass einige Kritiker sie als reine Spass-Combo abtun. Inwiefern diese Politk in den Köpfen der Fans ankommt, soll die Zukunft zeigen.

(Intro)

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