Panasonic / Ø + noto / Susanne Brokesch

Panasonic
KULMA

Ø + noto
MIKRO MAKRO

Susanne Brokesch
SHARING THE SUNHAT

Von Marcus Maida

Easy listening for the hard of hearing. Panasonic aus Turku/Finnland sind mittlerweile schon Konsens, wenn es um elektronischen Minimalismus geht. Sie nehmen in einer kleinen umgebauten Sauna im Geschäftsviertel ausserhalb von Turku auf, grösstenteils mit selbstgebauten oder wirklich uralten analogen Synthesizern & Drum-Maschinen. Im Innencover des zweiten Albums ist so ein Teil abgebildet, klar Fetisch – man könnte es küssen. Panasonic machen den Strom/die Energie, die durch diese Geräte fliesst, in ihrer Materialität aural-sinnlich erfahrbar. Das Ergebnis ist ein maximales Verbinden mit aller Energie, die Elektronik hat. KULMA (Winkel, Ecke) hat nichts von der codierten Härte der letztjährigen Osasto-EP. Hier findet ungleich filigranere Klanggenerierung statt, die entstehenden Stücke scheinen teilweise kaum „da“ zu sein. Statt PresetWunschmaschinen nutzen Panasonic Frequenzmaschinen, Rauschen, Brummen & Kratzen bekommt dadurch den flüchtigen Ort zugewiesen, der den normalerweise unterdrückten Geräuschen verweigert wird. Adolf Dolby wird so langsam durch eine defekte Frequenzweiche kaputtgeschmort. & trotzdem ist das Pop. Die neue Panasonic verhält sich zu sagen wir der Disinformation/Ghost Shells EP auf Ash International wie ohne Scheiß Tocotronic zu den Goldenen Zitronen. Panasonics Störsounds sind letztlich sehr zugänglich & in gewisser Weise eine Vorstufe & Vorbereitung für das letzte aurale Abenteuer, welches ich hier NOISE revolution nenne. Deshalb diese Platte bitte wieder & wieder hören.

Unter derartigen Vorgaben sollte verstanden werden, was auf ‚MIKRO MAKRO‘, der Kollaboration von Ø (Panasonics Mika Vainio) & noto (C. Nicolai, der auf ‚raster music‘ durch eine CD mit 24 loops die Bewegung/Struktur der Wiederholung erforschte) geschieht: ultrareduzierte Klangstrukturen & -synthesen, sehr leise & konzentriert vorgeführt in Strukturen von Statik, Wiederholung & Chaos. Reduzierte Elementarsuche innerhalb von Mikro- & Makrostrukturen, korrespondierend zu einer Ausstellungtrias in Chemnitz, Tampere & Wroclaw, als dessen Installationsteil sie ursprünglich gedacht war. Diese Suche sollte jedoch täglich stattfinden, jetzt, hier.

SUSANNE BROKESCH lebte längere Zeit in New York & nahm mit & innerhalb der famosen Rancho Relaxo Allstars auf. & was aus deren Stall kam, hat mich bislang noch immer umgehauen. Jetzt lebt sie wieder in Wien & arbeitet laut Info von disko Barbara als Lehrerin. Ich erwähne das, weil mich das ebenso umhaute: Seht euch selbst eure eigene Lehrer-Geschichte an, zählt diese eitlen Schwätzer & geist- & phantasielosen Volltrottel zusammen, & ihr habt einen Berg der Idioten vor eurem Fenster. Susanne Brokesch wird nicht viel Aufheben um ihre Person & ihre Arbeit machen. ‚Raw Track # 2‘ hiess ihr Beitrag auf der ‚exit to NY‘-Compilation der RR-Allstars. Sie hat jetzt eines der besten experimentellen Elektronikalben zur Zeit aufgenommen. Ebenfalls sehr reduziert & abseits aller gewohnten Tech-Formen. Fast keine oder sehr unterschwellig eingesetzte Beats, aber auch keine Flächen, keine Beruhigung – der Klang bewegt sich vielmehr durch eine Art abstrakter Ambient-Sequenzen. In einer Weise mit Panasonic vergleichbar, aber nicht so störend wie diese. Susanne Brokesch baut stattdessen experimentelle gebrochene Erzählungen auf, die sich zwar vorwärts bewegen, aber dabei selbst in Frage stellen. Im Titelstück legt sie dissonante (Kinder)Pianolinien über Offbeats, aber sanft, ganz sanft. Unglaubliches Stück Musik. Die Einzelteile laufen gegeneinander, alles versetzt, kommt anders rein. & erzeugt was komplett Neues. Keine Disfunktion, sondern die Geburt einer Konstruktion. Das Stück „a tv-set on fire & an introduction to the term ’something is not approximately something else'“ läuft gnadenlos über 13 Minuten: Kannst du noch Langsamkeit ertragen? This seems to be an exit out of NY. Es folgen zum Abschluss drei düstere, fast schon lähmende ‚Cantaten‘, die genug Kraft haben, 2 Menschen auseinanderzubringen. Was hier hörbar ist, greift ein.

(Seven)

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