I LIVE ON A HILL, NOT HIGH
„Wir fuhren auf dem Highway von LA ins Valley, und im Radio lief „Owner of a lonely heart“ von YES, und plötzlich erkannten wir, dass es einer der grossartigsten Songs war, der je geschrieben wurde.“ So Lou Barlow. Lou bitte wer? Etwa der Lou, der neben seinem Gitarristenjob bei SEBADOH – ganz früher war er bekanntermassen der Basser von Dinosaur JR – zusammen mit John Davis das Garagepop-Homerecordingduo FOLK IMPLOSION aufgezogen hat? Jenes Duo, das auf seinem ersten Album „Take A Look Inside“ 14 wilde Songminiaturen in 22 Minuten herunterschrammelte, und das in Fankreisen immer noch als Vierspurverfechter gehandelt wird, auch wenn die Single „Natural One“ vom Soundtrack zu Larry Clarkes „Kids“-Film den beiden bereits einen obskuren Chartsentry in England und den USA beschert hatte? „Als Kind liebte ich die Bee Gees, oder Abba, sogar Discomusik“, rennt Lou bei mir offene Türen ein, „John hörte dagegen viel traditionellen Folk und ist die eher komplexe Seite von uns. Später kam ich von Punk und Hardcore, plus 60ies-Musik, Songs, und natürlich auch instrumentelle und experimentelle Sachen. Wir glauben daran, das alles miteinander zu vermischen und damit Spass zu haben. Purismus interessiert uns nicht. Die Indie-Rockszene ist oft sehr starr und stur. Wir wollten zum einen die Sachen drinlassen, die wir lieben und die uns beeinflusst haben, und zum anderen etwas, dass catchy und atmosphärisch zugleich ist“, erklärt er mir die Herangehensweise an die neue FOLK IMPLOSION-Platte „One Part Lullaby“. Entwarnung: hier geben sich nicht etwa Yes und ABBA die Klinke in die Hand, stattdessen haben Lou und John ihr bislang zugänglichstes Album eingespielt: sehr warm, rund und manchmal sehr 60ies verhaftet, aber immer mit jenem letzten Tick, der direkt ins motorische Zentrum der Seele trifft. Was gute Songs ja ausmacht: Du möchtest sie wieder und wieder hören. Massives Radioairplay oder einen Store-Run auf FOLK IMPLOSION-Platten erwartet Lou jedoch nicht: „Warum uns hören, wenn es die BACKSTREET BOYS gibt?“ lacht er. Es geht nicht um Kommerz, es geht, mal wieder, um Veränderung, Erweiterung und das Erlernen von anderen Sprachen. „Die Leute dachten, wir machen In-Jokes in unseren Songs. Das wollen wir vermeiden“. Für die neue Platte wurde ein ganzer Haufen obskurer Instrumente verwendet, an denen Carl Orff seine Freude gehabt haben dürfte. Noch wichtiger aber: keine 8 Spuren mehr, sondern ein Computerstudio in Lous Haus, sehr gute Mikrophone, ein fähiger Produzent, und nicht zuletzt das entspannende Klima von LA, wo Lou seit über einem Jahr lebt. „John wohnt immer noch in Boston, aber zusammen zu produzieren ist überhaupt kein Problem. Er kommt rüber, und wir arbeiten.“ Zwei Leute klingen wie eine der besten 60ies Bands – und demnächst wieder anders.
(Intro)