Ice Cube

DER URVATER DES GANGSTA-RAP ALS UNFRIEDLICHER FRIEDENSSTIFTER

Na ja – von Frieden kann hier wohl schlecht die Rede sein. Oder erwartet das jemand, wenn der mittlerweile auch in die Jahre gekommene „Amerikkka’s Most Wanted“, über den Günther Jacob einst so treffend schrieb, dass er selbst seinen bekanntesten Orden, „staatlich anerkannter Sexist“, nur der institutionalisierten US-amerikanischen Bigotterie verdanke, sich in Leo Tolstoi-Manier an einem zweiteiligen Rap-Opus versucht, das letztes Jahr mit der in gewohnt übellaunigem Duktus gehaltenen „War“-Disk startete, bei der ja auch „Korn“ an den diversen misanthrophischen Feinheiten mitfeilen durfte? Die „Peace“-Disk ist nicht eben freundlicher ausgefallen, aber enthält doch entspanntere und gar leicht sentimentale Momente, in denen Cube – wie in „Until We Rich“, dem Duett mit Krayzie Bone -, nochmal anfängt zu träumen, wie das war, als man noch Träume hatte. Doch sonst zeigt sich Cube von seiner toughesten und abgefunktesten Seite, will sagen: in absoluter Höchstform. Tracks wie „You can do it“ oder „Gotta be insanity“ schlagen Funken und brennen den Boden unter den Füssen weg. Das besondere Bonbon gibt’s jedoch schon ganz am Anfang: auf „Hello“ reicht er Dr. Dre und MC Ren, den uralt-N.W.A.-Kumpels, die Mikros weiter. Jeder darf da einmal „I started this Gangsta-Shit“ reinrappen, und spätestens hier wird wieder die clevere Spekulationsmaschine für eine Reunion angeworfen. Die hat Cube jedoch nicht nötig, dafür ist er zu sehr Klassiker, und genau die Platten und Filme mit diesem Status will er machen, darunter geht nix. Der Witz ist: er schafft das. Die Produktion der Tracks ist 1A gelungen, sie kicken und rollen und haben jene rabenschwarze Komik intus, die sich an Cube, einem der grössten Charismatiker – und nicht umsonst Schauspieler – des HipHop lieben lässt. Thematisch wird hier kein Rap-Rad neu erfunden, die Welt ist natürlich immer noch ein Ghetto, und die Unterscheidung zwischen bitches und queens kann nur der geübt-abgeklärte Durchblicker ziehen. In „Record Company Pimpin“ pocht er erneut auf das Prinzip eines schwarzen Kapitalismus, der letzlich das Ziel von Cubes autonomer Authentizität ist. Cube ist nihilistisch, existenzialistisch und – Schauspieler. „In meinen Platten gibt es viel Comedy“, sagte er mal. Nicht vergessen.

(Rolling Stone)

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