Christian Vogel

BUSCA INVISIBLES

(LP / CD)

Alles klar bei Cristian Vogel? Nicht wirklich. Der obersympathische Brightonian, der stets in einer überzeugenden Balance zwischen konzeptionellen Überlegungen und den real guts bei der Produktion seiner Tracks arbeitet, denen oft, viel zu oft, das Prädikat „futuristisch“ angeheftet wird, ist einer der imagebehafteten Produzenten, dessen kulturelles Kapital bei vielen Kritikern automatisch und unhinterfragt mit zb. Adorno assoziiert wird (ein Artikel über ihn hiess gar „Und Adorno tanzt Techno“), eine Linie, die zwar sinnvoll ist, aber, und dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, zu hoch gegriffen und mittlerweile auch total überstrapaziert ist. Betrachtet man das Klangmaterial des neuen, mittlerweile sechsten Albums, dem vierten auf Tresor, ganz nüchtern auf den ersten Hör, stellt sich nicht automatisch ein Begeisterungspreset ein.

Mir sind die schleifenden Sounds, die nach real-natural Audiomaterial klingenden perkussiven patterns und die ewige dumpf brummelnden Subbässe mittlerweile Verzeihung nicht mehr aufregend genug, um Cristians aktuelle Musik, die ich grundsätzlich nach wie vor sehr schätze, in den Himmel zu loben. Denn gerade nur die Besten sind einer expliziten Kritik würdig. „Busca Invisibles“ muss sich an Vogels eigenem Anspruch messen. Techno nicht nach Schemata und überflüssigen Historisierungen definieren und weiterführen zu wollen, gelingt ihm nach wie vor 1A, stattdessen kreiirt er Trackformen, die eine eigensinnige Version von organischen Musikstilen (Funk, Soul, Jazz, Latin, Skatecore) in Elektronik transformieren. Diese Tat ist wahrlich nicht neu, diverse Kölner und andere arbeiten sich dito bereits länger mit Freude daran ab, bis mensch wahrscheinlich nicht mehr weiss, wohin und wozu mit all der Funkyness. Das Zwiespältige ist, dass der Funk auch nerven kann, wenn alles und jedes shuffelt und downbeatet, wird die maschinelle Sequenz, ihre Ästhetik und ihr spezifischer „Groove“, der nicht nach humanen Kategorien zu benennen ist, negiert, subtrahiert, eliminiert. Von daher kann ich mich definitiv nicht den Kritikern anschliessen, die sagen, dies wäre Vogels bestes Album (Nach dem Motto: „Jetzt groovt’s endlich wie Parliament“ oder wie?), da dies innerhalb einer innovativen, langen, beeindruckenden und noch hoffentlich keineswegs abgeschlossenen Werkgeschichte nach wie vor „Beginning to understand“ ist. Der Punkt ist, dass Vogels letzte Alben – wie auch das beeindruckende „All music has come to an end“ – nur sehr bedingt tanzbar sind, und dies wirklich in jedem Sinne. Trotzdem kein 12-Ton-Techno, sondern merkwürdig ausgetrockneter Klangraumfunk ohne allzuviel Saft im Bass. DJs, me included, werden diese Platte wahrscheinlich schätzen, aber weniger auf den Flur legen. Versteht ihr trotzdem, warum Cristian so gut und wichtig ist? Er ist es eben definitiv wert, gehört zu werden.

(Tresor / EFA)

(Testcard)

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